Montag, 28. Januar 2013
Sexismusdebatte – wie geil ist das denn


Berlusconi hat eine Minderjährige gevögelt? „Alter krass, voll abgefahren, kack die Wand an, boh.“ Riesenwelle in Indien gegen Frauenvergewaltigung: „Wow, ich werd nicht mehr, fuck.“ Protest von Pussy Riots in der Kirche und Kritik an Putin? „Geile Scheiße Rock´n Roll.“

Egal welches Thema in den Ring geworfen wird, eine zynische und ausgelaugte Medienmeute schafft es, jedes Thema zu Brei zu schlagen. Der Kongress tanzt. Themen werden per se nicht ernst genommen, weil der Masse der so genannten Journalisten und Tinnen jegliche intellektuelle Fähigkeit fehlt, ein Thema einzuordnen. Arabischer Frühling, Mali, Eurorettung, Steinbrück oder Merkel, überall Bildungswüste. Themen werden nicht mehr recherchiert, Themen werden durchgejagt, abgeschrieben, totgeritten.

Die Hauptrechercheleistung besteht nur noch darin, Themen auf das jeweilige Einzugsgebiet des dort erscheinenden Mediums "herunterzubrechen". Dann reicht es, wenn das Bottroper Tageblatt einen Bottroper auftut, der auch schon mal im australischen Dschungel war und „unseren Lesern exklusiv erzählt, wie es da WIRKLICH ist“. Der Rest wird abgeschrieben, abgekupfert. Entweder pro oder contra Dschungelcamp, je nach Lust und Laune und Stuhlgang des Leitenden.

Das Dschungelcamp ist zu Ende, die Sexismusdebatte ist da. Geile Scheiße! Der Saal rockt. Schmeiß Dein Thema in den Ring und dann Bingo!, wenn sich Menschen ernsthaft berufen fühlen, darauf einzugehen, am besten in diesem Twitter.

„Drucken Sie mir das aus Hase“, ergeht dann der Befehl des altsackigen, immer zu einem lüsternen Streich aufgelegten Chefredakteurs an sein weibliches Faktotum, das sich in der Kaffeerunde mit den Kolleginnen einig ist, „den neuen Volontär schmeiß´ ich auch nicht von der Bettkante, hi hi.“

Es gibt natürlich Menschen, denen Sexismus wirklich ein Thema ist, die sich mit den Vorgängen im Nahen Osten befassen, die wissen wollen, wie es in den USA jetzt in der zweiten Amtszeit Obama weitergeht. Diese Menschen sitzen aber nicht in den Redaktionsstuben. Da sitzen Menschen, die es „geil finden, was mit Medien zu machen“. „Meinung zu machen“.

Wer eine Atmosphäre erleben will, in der die Luft testosterongeschwängerter ist als in Redaktionsstuben, kann es vielleicht noch auf dem Bau versuchen. Männliche Hierarchien bis ins dritte Glied, durchsetzt mit weiblichen Sprengseln der hübschen (geile Schnitte) oder der engagierten (alte Lesbe) Art.

Seit Twitter, Facebook und Co. kommt endlich wieder Leben in die Bude. „Die Demokratisierung der Medien“ findet ihren Ausdruck in den so genannten sozialen – aber doch so oft asozialen - Medien. Hier findet der Redakteur Content – früher hieß das "Inhalt" – und kann das genüsslich ausschlachten, abschreiben, auswerten. Hier findet er oder sie „Volkes Stimme“.

Auf der Strecke bleibt die Wahrheit, auf der Strecke bleibt die Erwartung der Ernsthaften, dass sich wirklich etwas ändern könnte.

Wird es aber nicht, weil der nächste #Aufschrei sowieso kommt. „Hase was ist dieses kurze Zeichen vor dem Wort?“

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Donnerstag, 24. Mai 2012
Nie war weniger Kompass
Es war einmal ein Land…

In dem ging es nicht vor und nicht zurück. Das Land war gezeichnet, die Wirtschaft steckte in der Krise, die Arbeitslosigkeit war hoch und kleine Parteien, rechts und links am Rand hatten Hochkonjunktur. Heilsversprechen machten die Runde. Die Medien schlugen sich, je nach Ausrichtung, auf die eine oder andere Seite. Die Wirtschaft wollte ihr Geld zusammenhalten und unterstützte den rechten Rand. Der Rest ist Geschichte…

Es gab es einmal zwei Länder…

Die kamen ernüchtert aus einem großen Krieg. Die Menschen waren ernüchtert, das einzige wonach sich alle sehnten waren Ruhe und Sicherheit. In der einen Hälfte feierte die Restauration lähmende Urständ, in der anderen Hälfte wurde das gesamte Gesellschaftssystem auf den Kopf gestellt, doch hielt die anschließende Lähmung hier noch länger als auf der anderen Seite an. In den sechziger Jahren begehrten viele Menschen hüben wie drüben auf. Auf der einen Seite veränderte dies die Gesellschaft, auf der anderen wurde der Widerstand blutig unterdrückt. Beiden Seiten gemein war eine Abhängigkeit von der jeweiligen Großmacht und dem Wunsch nie wieder in einen Krieg zu geraten, auch wenn die jeweils andere Seite immer wieder der Kriegsgelüste bezichtigt wurde. Die Medien? Auf der einen Seite ausdifferenziert, auf der anderen Seite gleichgeschaltet.

Es ist ein Land…

Das seit mehr als zwanzig Jahren wieder eins ist. Das hochanerkannt ist in der Welt. Dem es wirtschaftlich gut geht. Das demokratisch verfasst hat. Das auf eigenem Land seit 67 Jahren keinen Krieg erlebt hat. Das souverän ist. Die großen Schlachten sind geschlagen. Und genau das macht Viele mürbe. Die „großen Themen“ wechseln schneller, als so mancher das eigene Unterhemd. „Es ist gut, natürlich könnte vieles besser sein, lasst uns daran arbeiten mit allen gesellschaftlichen Kräften“. Das wäre eine realistische Einstellung. „Es ist gut, aber das interessiert uns nicht, wir finden in jeder Suppe ein Haar“. Das ist Credo von Medien und Interessengruppen. Und weit und breit kaum ein Politiker, eine Politikerin, die dieses Spiel nicht mitmachen. Gefahr von rechts, Gefahr von links, Gefahr von innen, Gefahr von außen, Gefahr von oben, Gefahr von unten. Und weit und breit kaum ein Politiker, eine Politikerin, die dieses Spiel nicht mitmachen, kaum eine gesellschaftlich relevante Gruppe, die das Ganze vom Kopf auf den Fuß stellen könnte. Heute loben wir das schnelle Pferd, morgen mokieren wir uns, dass es Äpfel legt. Wir haben unseren Kompass verloren.

Wie wird das Land…

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Montag, 16. Januar 2012
Wir machen das Dschungelcamp
Jetzt reden wieder alle übers Dschungelcamp, aber keiner traut sich mehr darüber zu sprechen.

Erst habe ich auch gedacht,

- Die, die reingehen, wissen ja was sie erwartet
- Die brauchen das Geld
- Die wissen auch, dass über sie gelästert wird

Jetzt bin ich geschockt von meiner Gleichgültigkeit.

- Hier wird gegen die Menschenwürde verstoßen
- Hier werden Persönlichkeitsrechte verletzt

Am Sonntag sendete RTL eine Spiegelreportage über Dschungelcampfans, abschließend der entlarvende Satz: „Schadenfreude ist die schönste Freude“. Nein, Schadenfreude ist nicht die schönste Freude. Schadenfreude gibt es so wie den Wunsch, mal den Chef zu verprügeln oder den Konkurrenten umzubringen oder eine Schachtel Zigaretten zu klauen. Der Wunsch ist da, aber sollte er deshalb gefördert und goutiert werden?

Es mag in manchen Ohren zu hoch klingen, aber RTL unterläuft sittliche Normen und Werte, auf die wir uns als Gesellschaft geeinigt haben, mit dem Argument, die Teilnehmenden wollen das doch selbst und das Publikum auch.

Dann fordere ich an dieser Stelle die Einführung von Stierkämpfen in Deutschland, die Todesstrafe, Kinder- oder Tierliebe, Steinigungen, Folter und die entsprechenden Sendeformate.

Zu den Moderatoren, dem Schnitt der Sendungen und der Rolle der Protagonisten: Die letztgenannten können machen was sie wollen. Wer in den Medien arbeitet weiß, wie man Zitate aus dem Zusammenhang reißen und in einen neuen Zusammenhang setzen kann. Die Schnittdramaturgie bewirkt, dass das Publikum immer nur das sehen und hören wird, was den Regisseuren gefällt. Das bedeutet, die Zuschauer können sich überhaupt keine Meinung bilden, sondern werden im Schwarm der Millionen zu einer Meinung geführt, die zum gewünschten Abstimmungsergebnis führt.

Abschließend zur Rolle von Dirk Bach und Sonja Zietlow, die nach dem Motto verfahren, „Satire darf alles“. Nur ist dies eben keine Satire, sondern es ist die Bösartigkeit zweier Zeitgenossen, denen man wünscht, dass ihnen Ähnliches widerfahre. Natürlich würden sie das dann weglachen, aber Verletzung bleibt immer.

Ein Versuch: „Ein dicker „Künstler“, der weiß, dass seine Zeit nie da war und auch nie kommen wird. Eine blonde, unsichere, zu laute Person, hinterhältig und schrill.“ Beide haben den Rest von Anständigkeit hinter sich gelassen, weil ihnen Regisseure und Juristen einflüstern, es sei alles richtig was sie machen. Glaube doch keiner, dass diese beiden Dorfpomeranzen in der Lage wären, auch nur einen ihrer fragwürdigen Gags selbst zu schreiben.“

Im direkten Kontakt mit den Kandidaten sind sie freundlich, verständig und machen sich hinter deren Rücken über jegliche menschliche Äußerung lustig. Das ist kein Stilmittel, das ist feige. Ein besonderer Zynismus liegt in der Aufmerksamkeit der körperlichen Unversehrtheit den Tieren gegenüber, wobei die seelische Verfasstheit der Kandidaten nur nach dem Grad ihrer Zerrüttung gemessen wird. Ist die Angst vor Tierschützern hier größer als vor Menschenschützern?

Von der Logik der Sendung her spricht nichts mehr gegen weitere Formate wie: „Ich bin ein Migrant, ihr dürft mich verprügeln, wenn ihr mich bekommt.“ „Ich bin ein Politiker, macht mich fertig“. „Ich empfinde keinen Schmerz, Ihr dürft mich foltern“. „Ich bin ein armes Kopftuchmädchen, Ihr dürft mich steinigen“.

Die Zuschauer stehen in der Verantwortung. Wenn wir jemanden sehen, der auf einer Bananenschale ausrutscht, lachen wir vielleicht kurz, als Kompensation von Schock und haben dann ein schlechtes Gewissen. Dieses regulierende schlechte Gewissen, versuchen uns die Macher abzutrainieren. „ES IST GUT DARÜBER ZU LACHEN und das am besten jeden Tag“. So manchem historisch Gebildeten bleibt das Lachen im Hals stecken, denn schon öfter in der Geschichte ist uns das schlechte Gewissen abtrainiert und die Akzeptanz des Unmenschlichen antrainiert worden. Moralkeule? Ja und ich schwinge sie.

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Sonntag, 11. Dezember 2011
Drei Splitter


Die neuen Guttenbergländer
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Das World Trade Center wurde weggebombt? Verdammt, neulich war ich noch da. Das dieses „neulich“ oft vier und mehr Jahre zurücklag war egal. Es zeigte die besondere Beziehung des Erzählers zu dem Gebäude und ein leichtes Schaudern, dass es ihn ja fast auch hätte treffen können. Mit neuen und neulichen Dingen gehen wir sehr lax um.

Fragen sie mal ihre Frau, ob die Schuhe neu sind? Nie, nie ist etwas neu, es ist immer „schon alt“ und sie hat es „schon länger“. Dieses „schon länger“ kann auch einen Zeitraum von zwei Tagen beschreiben.

Stellen Sie sich mal vor, sie begegnen einem Bekannten und der stellt Ihnen seinen 21 Jahre alten Sohn vor mit den Worten, „das ist unser neuer Erdenbürger“. Undenkbar, richtig. Aber warum heißen dann Länder wie Meck-Pom, Thüringen oder Sachsen auch 21 Jahre nach ihrer Gründung noch „die neuen Bundesländer“? Neu ist ja eigentlich gar nicht schlecht, neu bedeutet frisch, unbenutzt, lange haltbar. Hier heißt neu aber immer, „die noch nicht fertigen“, die „nicht richtigen“, die „nicht originalen“ Bundesländer. Will sagen, in den alten Bundesländern und in den dort angesiedelten Köpfen und Medien herrscht so etwas wie ein Patentschutzgedanke. Hier die richtigen, da die falschen Bundesländer, die nachgemachten, die Plagiate. Das ist es also, ein Plagiatsvorwurf. Wir im Osten sind eigentlich die Guttenbergs der Bundesländer. Mal schauen, wie lange das noch in den Köpfen nistet. Und wenn das verschwindet, dürfen Bayern und Baden-Würtemberg wieder süddeutsche, Hessen und Thüringen mitteldeutsche, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein norddeutsche, Sachsen und Sachsen-Anhalt ostdeutsche und Nordrhein-Westfalen und das Saarland westdeutsche Länder sein. Der MDR hat es ja im Namen versucht. Wenn man aber bedenkt, dass Sachsen-Anhalt und Sachsen definitiv, weil an Polen grenzend, in Ostdeutschland liegen, dann kann sich hinter diesem Namen eigentlich nur Geschichtsrevisionismus verbergen.

Tötet Ackermann
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Ackermann ist scheiße. Finden alle. Ackermann wurde eine Bombe geschickt. Das ist nicht gut. Was ist gilt nun mehr? Ackermann scheiße finden oder Bombe scheiße finden? Vielleicht bekommt man beides hin. „Ich finde Ackermann scheiße, aber eine Bombe auf Ackermann schmeißen finde ich noch scheißiger.“ So geht das. Aber was ich letztens in einem Zeitungsinterview las, ist perfide. „Ja, Ackermann ist eiskalt. Ja, Ackermann entlässt eiskalt Beschäftigte, ja, Ackermann giert nach hoher Rendite, ja, Ackermann ist ein Erzkapitalist. Aber eine Bombe schickt man ihm trotzdem nicht.“ Ja, was bleibt denn da in den Köpfen hängen. Ja, was soll man dem denn schicken, wenn nicht eine Bombe. Einen Zitronenkuchen?

Zeitgeistjagd
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Wir haben unseren Kompass verloren. Entgültig. Jedenfalls zur Zeit. Früher war die Welt im Prinzip Gut und Böse. Guter Westen, böser Osten. Guter Osten, böser Westen. Je nach Lebensmittelpunkt. Wenn ein wenig differenzierter, „ja bei uns gibt es auch Fehler, aber…“ Die wenigen Spinner, die das jeweils andere System definitiv besser fanden, wurden entweder belächelt, beschimpft, fertig gemacht oder eingesperrt. Umdenkprozesse hatten ihre Zeit, man ließ sich gern mehrere Jahrzehnte Zeit. Todesstrafe, Schwule, Zivildienst, Anschnallpflicht, Abtreibung…Was ging es uns gut. Es machte nichts, wenn manche Reform 30 Jahre dauerte.
Und heute? Wirtschaftskrise, Atomdiskussion, Bundeswehreinsätze. Es ist niemand mehr da, der sagen kann, was definitiv richtig und was falsch ist. Die Standpunkte werden heute oft schneller gewechselt als die Unterwäsche. Mal preschen die Politik voran, mal die Medien. Es entsteht ein lustiges Kuddelmuddel, nichts gilt mehr wirklich, alles ist auf dem Prüfstand, nichts hat mehr Bestand. Mache sich mal einer die Mühe und liste die Titel der Talkshows der letzten 10 Jahre auf. Da ist das ablesbar. Mal sind HARTZ IV-Empfänger faule Säcke, mal sind sie Opfer des Systems. Interessanterweise lässt sich fast alles im Netz googeln, nicht aber die Titel der vergangenen Talkshows. Absicht oder System?
Es geht hier nicht um die Forderung nach einfachen Lösungen, es geht um die Feststellung eines Zustandes.

Stand heute 10.12.2011:

Länder gut: Amerika, Israel, Indien, Frankreich. Kroatien (neues EU Mitglied)

Länder gut ein bisschen: Irak, Saudi Arabien, Ägypten und Co. (also Tunsien, Libyien, etc.), Serbien (vielleicht neues EU-Mitglied), Italien

Länder schlecht: Iran, Kuba, Nordkorea, Russland (nicht ganz klar, vielleicht auch nur ein bisschen), Sudan

Länder noch keine Meinung, weil überhaupt nicht auf dem Schirm: fast ganz Südamerika, fast ganz Amerika

Der und die Lesende wird bei einigen Ländern anderer Meinung sein, ja, das sind die Länder, die im Rutschen sind, kann sich Morgen schon ändern. Keine Sorge!

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Mittwoch, 7. Dezember 2011
Da wo die Verrückten wohnen - eine Weihnachtsgeschichte


Da wo die Verrückten wohnen

Ich wohne in einer kleinen Stadt. Es ist schön hier. Aber es gibt viele Verrückte. Ich saß bei Frau Meier im Wohnzimmer und die hat es mir erzählt. Sie weiß es ganz genau, denn ihr Mann hat da gearbeitet, wo die Verrückten sind. „Mein Mann, Gott hab ihn selig“ sagt sie immer und schaut dann auf das Foto von ihrem Mann. Ihr Mann lacht auf dem Bild. Er trägt einen grünen Anzug und stützt sich auf ein langes Gewehr. Sein Fuß steht auf dem Kopf eines Wildschweins. Das schaut ein bisschen traurig, weil es tot ist. Frau Meier weint immer ein bisschen, wenn sie von ihrem Mann erzählt.

Ich weiß, wo die Verrückten wohnen. Man hat ihnen ein Haus gebaut. Das muss aber schon lange her sein. Solche Häuser werden heute nicht mehr gebaut. Es ist groß und grau, mit Betonplatten rundherum. Die Fensterrahmen sind aus grauem Metall.

Mama sagt immer, wenn ich mein Zimmer nicht aufräume oder mein Essen nicht aufesse oder meine Hausaufgaben nicht mache, dann lande ich irgendwann bei den Verrückten. Meine Klassenkameraden hören das von ihren Eltern aber auch immer.

Ich glaube, dass die Verrückten sehr gefährlich sind. Dass sie Leute umgebracht haben und vielleicht auch aufgegessen haben und dass sie ihre Augen immer ganz komisch verdrehen und manchmal Spucke vom Kinn runterläuft. Ich habe mal ein Buch gelesen, da haben sie auch Menschen gegessen, Kannibalen waren das. Ich glaube bei den Verrückten gibt es auch Kannibalen.

Ich habe mal den alten Herrn Schmidt gefragt. Der wohnt in einem kleinen Haus am Ende der Straße. Herr Schmidt ist viel rumgekommen. Er war Soldat und er hat mir Fotos gezeigt, ohne Farbe. Da war der Herr Schmidt noch ganz jung. Er lacht auf dem Bild. Er hat eine graue Uniform an und eine Mütze auf. Er stützt sich auf ein langes Gewehr. „Wir waren damals richtige Kerle“, sagt Herr Schmidt immer. „Heute sind das doch alles Weicheier und Schwuchteln.“ Ich weiß nicht genau, was eine Schwuchtel ist, aber der Torben, das ist der Enkel vom Herrn Schmidt, der hat mal gesagt, ich sei eine alte Schwuchtel. Der Herr Schmidt spricht viel über Sachen, die ich nicht verstehe, da kommen dann immer Worte wie Emanzen, Homos oder Toleranz vor. Toleranz ist so ein Wort, da sagt er immer „Hö, Hö“. Manchmal schreit er dann auch und verdreht die Augen. Aber ob die Verrückten Kannibalen sind, konnte er mir nicht genau sagen. „Würde mich aber nicht wundern“, knurrte er.

Ich habe die Verrückten noch nie gesehen. Ich glaube die sind immer in dem grauen Betonhaus. Manchmal sieht man, dass sich etwas hinter den Fenstern bewegt. Sie laufen dann im Kreis. Einer liegt immer auf dem Bett. Manchmal sieht man auch Leute mit weißen Kitteln. Vor den Büros hängen keine Gardinen. Da stehen grüne Pflanzen im Zimmer und manchmal hängt da eine Lichterkette, wenn Advent ist.

Jetzt ist wieder Advent und bald ist Weihnachten. Das ist für mich fast schöner als Geburtstag. Mit Mama backe ich Plätzchen. Wir haben auch schon einen Baum, der wird mit Kerzen und silbernen Kugeln geschmückt und wir gehen in die Kirche, weil ich im Krippenspiel mitmache. Ich bin dieses Jahr der Engel. Den Text kann ich schon auswendig: „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren.“ Das nennt man die Frohe Botschaft hat der Pfarrer gesagt.

Neulich kam ein Bus mit Menschen in die Stadt, die eine ganz dunkle Hautfarbe hatten. Unser Pfarrer sagte, das seien Flüchtlinge aus Ländern in denen Krieg ist. Die Leute wurden dann in der alten Kaserne untergebracht. Einige aus der Stadt gingen hin und brachten den Leuten was zu Essen und Kleidung. Ich habe Mama gefragt, ob wir da auch was hinbringen können. Sie sagte aber, dass sei Schwachsinn, weil die hätten sowieso schon alles und sie würde die Kleidung lieber bei Ebay versteigern, da bekäme sie noch Geld und davon könnte sie mir Geschenke kaufen. Ich bin doch ein bisschen froh, dass wir unsere Sachen nicht verschenkt haben. Ich wünsche mir nämlich eine Wii und die ist ganz schön teuer.
Gestern Abend sind ganz viele aus der Stadt zu der Kaserne gegangen. Die hatten Plakate in der Hand, auf denen standen so Sachen wie „Wir sind das Volk“ und „eine Anstalt ist genug“. Der Herr Bertram war ganz vorne und der hatte ein Megaphon in der Hand. Das ist ein tolles Ding. Da spricht man ganz normal rein und es kommt ganz laut raus. Der Herr Bertram hat geschrien, die Leute sollen zurück gehen, wo sie herkommen. Ich habe ihn gefragt, wo die denn herkommen. „Die kommen aus dem Boguffenland. Die gehören hier nicht hin. Die nehmen uns die Arbeitsplätze weg und die Frauen und außerdem klauen die.“ Der Herr Bertram hat ganz wütend geschaut und immer wieder in sein Mikrophon geschrien und ihm lief beim Schreien auch ein bisschen Spucke aus dem Mund. Da habe ich natürlich auch ein bisschen Angst bekommen. Dann kam der Bürgermeister und hat gesagt, er könne die Leute ja verstehen, aber es gäbe Gesetze und so und ihm seien auch die Hände gebunden. Die Leute haben dann aber noch mehr vor der Kaserne rumgeschrien und Bier getrunken. Heute Morgen kam ein Bus und hat die Leute aus der Kaserne wieder weggebracht. „Jetzt haben wir wieder Ruhe“, hat Mutter geseufzt. Eine Anstalt mit Verrückten sei schon schlimm genug.

Ich habe in meinem Kinderatlas nachgeschaut, wo das Boguffenland ist, aber ich habe es nicht gefunden. Mama weiß auch nicht, wo das ist. Ich weiß aber wo die Türkei ist, denn da fahren wir im Sommer hin. Da ist es ganz warm hat Mama gesagt und die Leute da sind ganz gastfreundlich. Da freue ich mich drauf.
Ob die da auch Weihnachten feiern?

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Freitag, 25. November 2011
Correct Betroffen

Neulich hat sich ein Metzger das Leben genommen. Wo war da die Betroffenheit der Metzgerinnung und des Bundesgesundheitsministers? Wo die Forderungen zu schauen, was im Metzgerhandwerk los ist? Ein Schiedsrichter muss es sein, der sich die Pulsadern aufschneidet und dann herrscht Betroffenheit. Eher private Gründe für die Tat? Egal, es stürzen sich so viele in Betroffenheit auf das Thema, dass jeder ein bisschen seine Ansichten verbreiten kann. Stress im Fußball, Mobbing, alles wieder da. Das nennt man Agendasurfing. Es fällt heute schwer, latente Probleme auf normalem Weg ins Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Ein Prominenter muss ausgebrannt sein und dann wird burn out thematisiert. Und dann stürzt sich jede Organisation, jeder Politiker, jede Lobbygruppe auf das Thema, egal wie passend oder unpassend die Beiträge sind. Es muss aber schnell gehen, denn das Fenster „Aufmerksamkeit“ schließt sich schnell wieder.

Es gab mal eine Nachrichtenwerttheorie, mit deren Hilfe Faktoren benannt wurden, nach denen es ein Thema in die Schlagzeilen schafft. Einer der wichtigsten Faktoren, neben Prominenz, Skandal, Sex, Nähe, Kuriosität war „Relevanz“. Diese Theorie wurde vom Kommunikationswissenschaftler W.Schulz entlarvt: „Die Nachrichtenfaktoren sind nicht Merkmale von Ereignissen, sondern journalistische Hypothesen von Realität.“ Heißt, nicht die Relevanz entscheidet, ob ein Thema ein Thema ist, sondern die Medien.

Lehrer haben keine Lobby. Die Ausfallrate bei Lehrern ist eine der höchsten in allen Berufsgruppen. Betroffenheit? Fehlanzeige. Ich bin kein Lehrer, was aber wäre wenn heraus käme, dass 70 Prozent aller Chemiefacharbeiter die Rente nicht erreichen. Man würde mal fragen, was da los ist in der Chemiebranche. Wie viele Lehrer müssten sich suizidieren, bis jemand aufmerksam wird, bis jemand Betroffenheit zeigt? Solange wird man einen Teufel tun, Suizide bei Lehrern mit dem Beruf und den Rahmenbedingungen in Verbindung zu bringen.

In Deutschland treiben drei Verbrecher, die sich als Nazis bezeichnen, ihr Unwesen. Sie töten in 10 Jahren 10 ausländische Mitbürger. Das ist ein schlimmes Verbrechen, das gehört verfolgt. Was passiert aber? Eine PR-gesteuerte Betroffenheitsorgie bricht los, bevor irgendwas richtiggehend aufgeklärt ist. Medien vergießen Krokodilstränen, weil sie von „Dönermorden“ gesprochen hatten. Ich bin aufgewachsen mit dem Begriff „Reichskristallnacht“. Das Wort löste in mir ein Schaudern ob dieses bösartigen Verbrechens aus. Irgendwann beschloss jemand, dass das ein Euphemismus sei, weil es auch von den Nazis schon so benutzt wurde. Der korrekte Name lautet jetzt Reichspogromnacht. Pogrome gibt und gab es aber viele. Die Einzigartigkeit dieses Verbrechens geht verloren. Das aber nur als Randbemerkung.

Jetzt sind ob der Morde so viele betroffen, dass ich es nicht mehr sein kann, weil ich mich mit vielen dieser „Betroffenen“ partout nicht auf eine Stufe stellen kann. Der Bundespräsident lädt die Opferfamilien ein, Geld soll fließen. Das wäre gar nicht so schlimm, wann hat der Bundespräsident aber andere Opferfamilien eingeladen? Wir sind ein Rechtsstaat, der Rechtsstaat muss seine Arbeit erledigen. Müssen wir jetzt immer jemanden einladen, wenn die Polizeiarbeit versagt, wenn der Rechtsstaat Fehler macht? Die Tür im Bundespräsidialamt ginge nicht mehr zu. Nein, Versagen muss untersucht werden. Keine Frage. Aber wer jetzt alles sein Mütchen kühlt, wer jetzt alles das Leiden der Opfer missbraucht. Der Spiegel startet eine „Braune Armee Fraktion“ Angstkampagne. Die haben sich wahrscheinlich in die Hose gemacht vor Freude, die Texter, als ihnen dieses tolle Bild kam. Dass das aber schief ist, ist allen egal. Jetzt stehen sie wieder da, die Verfassungsschutzreformer, die NPD-Parteiverbieter, die „mehr-Geld-gegen-Rechts“Einforderer, die „rechte Gewalt-linke Gewalt“ Protagonisten. Sie alle haben nur darauf gewartet, ihre Pressestatements mal wieder aus der Schublade rauszuholen. Die Hysterie in den Medien wird zu Ermüdung bei Allen führen und bald ist das Thema dann wieder durch.

Damit ich nicht falsch verstanden werde, jedes dieser Themen ist relevant und Gesinnungstäter und Verbrecher gehören verfolgt, soziale Arbeit gehört ausreichend finanziert und die Existenz einer rechtsextremen Partei ist unerträglich. Es fehlt jedoch die Ernsthaftigkeit im Umgang mit den Themen und deshalb wird jetzt ein Vorkommnis missbraucht von denen, die immer schon irgendwas sagen wollten. Die Medien, die Politik und damit auch die Menschen verlieren vollkommen den Überblick, alles wird in einen Topf geworfen, keiner versteht mehr irgendwas, weil keine wirklich zuhört. Es fehlen Ruhe und Gelassenheit, zuhören und erörtern. Erklär mir einer mal Eurokrise und Rezepte dagegen.

Ist aber alles nicht so schlimm, denn wir haben ja Gutti wieder, ohne Brille mit neuer Frisur und etwas fülliger. Ein super inszenierter Coup, Auftritt in Halifax, Exklusivinterviews und ein Buch. Hier haben die Strategen ganze Arbeit geleistet und nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit sitzt er an einem der nächsten Sonntag bei Günter Jauch.

Es passiert nichts mehr in dieser Republik. Es wird passiert.

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Donnerstag, 25. Februar 2010
Kässmanns Stern wird noch strahlen
Dienstwagen unter keinem guten Stern
Frau Kässmanns Autofahrt stand ganz offensichtlich unter keinem guten Stern. Den hatte sie auch nicht auf der Haube, sondern sie lenkte einen VW-Phaeton. Ein Blick in Wikipedia hätte ihr klargemacht, dass das nicht gut gehen kann.

Der Name Phaeton entstammt der griechischen Mythologie. Phaeton war der Sohn des Sonnengottes Helios, der dessen Wagen gegen den Rat des Vaters lenkte. Dabei geriet Phaeton der Wagen außer Kontrolle und verbrannte die Erde. Phaeton selbst kam bei dieser Fahrt um und fiel in den Strom Eridanos.

Und Kässmann ist ja nicht die erste öffentliche Person, der das Fahrzeug kein Glück brachte. Oder ist nur mir aufgefallen, dass die Kombination Alkohol und Phaeton schon beim Haider Jörg schief gegangen ist?

Frau Kässmann kann es egal sein. Auf dem Höhepunkt ihrer Popularität hat sie einen eleganten Abgang gewählt. Einziger Wehrmutstropfen ist das völlige Unverständnis für diesen Schritt, geäußert von Ihrem Weißbier-Vize Beckstein. Eben der Ex-Ministerpräsident der behauptete zwei Maß Bier schränkten die Fahrtüchtigkeit nicht ein.

Die gesamte Biertrinkernation hält den Rücktritt wahrscheinlich für übertrieben. An Stammtischen erzählen sich die Schluckspechte dieser Tage ihre Heldengeschichten, wie besoffen sie schon Auto gefahren sind. Und da müsste sich Frau Kässmann mit ihren 1,55 Promille wahrscheinlich ganz hinten anstellen.

Vergessen wird in der Diskussion, dass aus moralischen Gründen heute kaum noch jemand agiert und auch Frau Kässmann wird ihre Berater haben. Die Frau ist 51, steht in der Blüte ihres Lebens, ist beliebt und hat Krebs und Ehe überwunden. Mit ihrer Geschichte hat sie viel Bewunderung geerntet, für ihre Geschichten weniger. Ihre öffentlichen Äußerungen zu Afghanistan gingen nach hinten los, Verteidigungsminister Guttenberg stellte sie für ihre Kritik am Einsatz in den Senkel.

Die Tatsache, dass sie, als Frau und Geschiedene EKD-Vorsitzende wurde, dass ist ihr Trumpf. Die nächsten Jahre wären nur noch Routine gewesen, mit oder ohne Alkohol.

Wer Karriere machen möchte und das Rentenalter noch nicht erreicht hat, tritt in einem solchen Fall kurzzeitig zurück und steigt danach wie Phaeton, ne Phönix aus der Asche. Das war bei FlugmeilenGysi und FlugmeilenÖzdemir genauso.

Frau Kässmann überwintert jetzt als einfache Pastorin und als was kommt sie wieder? Als Bundespräsidentin. Gesine Schwan konnte sich aufgrund ihres erbarmungswürdigen Gebisses nicht durchsetzen. Das Thema weiblicher Bundespräsident ist jedoch nicht vom Tisch. Wäre Frau Kässmann EKD-Chefin geblieben hätte sie nicht so ohne weiteres rüberwechseln können. Jetzt hat die Braut vier Jahre Zeit sich hübsch zu machen.

P.S. Der Bundespräsident fährt Mercedes und er sitzt nicht selbst am Steuer. Prost!

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Sonntag, 15. November 2009
Selbstbefriedigung mit Robert Enke
100.000 Menschen trauern um einen Mann, der sich vor einen Regionalzug geworfen hat. Die Menschen können nicht mehr trauern, Trauer wird zum Event. Ein Popereignis. Größer, schöner, emotionaler. Unsere Gesellschaft ist völlig aus den Fugen geraten, hat jeden Maßstab verloren. Reporter halten Trauergäste das Mikrophon ins Gesicht und fragen: „Wie hat Ihnen die Trauerfeier gefallen?“ Viele haben jedes Maß, jedes Gefühl, jeden Respekt verloren. Heute betrauern 100.000 den Tod eines Fußballers. Die gleichen 100.000 feiern morgen den Sieg der Fußballweltmeisterschaft. Warum auch nicht. Es wechseln nur die Vorzeichen, der Rest ist gleich. Poplieder werden gesungen (You never walk alone). Redebeiträge werden genauso beklatscht wie Tore, der Kongress tanzt. Selbstkritisches ist zu hören, von immer den Gleichen, mit immer den gleichen Floskeln, egal ob jemand stirbt oder ein Spiel verloren geht: „Der Tod – respektive die Niederlage – soll uns zum Nachdenken anregen, sonst wäre er/sie ohne Bedeutung“.

Ein Mann scheidet selbstbestimmt aus dem Leben und die Nation feiert eine große Party, der Psychologe und die Ehefrau entern die Mikrophone, eine Landesbischöfin schmeißt sich in Schale. Keine Gegenstimme ertönt, bzw. keine Gegenstimme wird übertragen. Auf den noch glimmenden Resten eines Prominentenlebens kochen möglichst viele ihr eigenes Süppchen. Die Fußballverantwortlichen üben sich öffentlich in Demut und suchen gleichzeitig nach Ersatz. Die Medien schlachten das Thema Depression aus, setzen so genannte Experten ans Telefon und warnen öffentlich vor dem Todschweigen und hoffen heimlich auf Nachahmertäter.
Ein großes Geheul setzt ein über die Unmöglichkeit, in dieser Gesellschaft zu seinen Schwächen zu stehen. Oh Ihr Pharisäer. Was macht Ihr denn mit einem Politiker, einem Sportler, einem Großindustriellen, der sich zu seinen Depressionen bekennen würde? Was war denn mit Sebastian Deisler (Depression -abgeschrieben), was denn mit Sven Hannawald (burn-out). Ihr Heuchler und Krokodilstränenproduzierer. Euch ist alles egal. Ihr schielt auf die Quote, Ihr haltet die Kameras gnadenlos drauf, ihr gebt Euren Trauerstimmen ein tiefes Timbre. Ihr lügt und betrügt alle und Euch selbst und merkt es oft gar nicht mehr. „Wir haben gerade die Bilder der Trauerfeier von Robert Enke gesehen. Es fällt schwer jetzt über den SPD-Parteitag zu sprechen“. Nein, das stimmt nicht. Ihr müsstet sagen: „Komisch, wie leicht es fällt von einem Thema auf das andere zu schwenken.“ Warum seid Ihr nicht so ehrlich und steht dazu, zur Wahrheit des Menschen. Die, die heute auf Enkes Trauerfeier stehen, brüllen und schreien am nächsten Tag genauso fröhlich beim nächsten Spiel. Wenn das so ist, dann lasst es uns doch akzeptieren, hört auf Euch Scheinwelten aufzubauen.

Ein Sarg steht auf einem Spielfeld. 100.000 blicken drauf. 80 Prozent denken sich, da liegen doch bestimmt nur Stücke, Fetzen drin. Keiner spricht es aus. Warum nicht? Es wäre ein Tabubruch. Wir haben überhaupt keine Ahnung mehr von Tabus. Wir haben überhaupt keine Zeit mehr. Wir leben Ex und Hopp. Der ein oder andere mag sich denken, blöd, für mich würde es nie so eine Trauerfeier geben. Diese Art von Betrauerung setzt neue Maßstäbe. Was haben wir uns lustig gemacht über die großen Paraden, zu Jahrestagen oder zu Sterbetagen in diktatorischen Ländern, mit Fackelzügen und Blasmusik. Hier laufen die Leute freiwillig, dort mussten sie hingekarrt werden. Ach ja. Wie freiwillig, wie eigenwillig können Menschen entscheiden, wenn die öffentliche Meinung den Takt vorgibt. Es zuckt doch in den Fingerspitzen, es einmal auszuprobieren, einmal die ganze Maschinerie in Gang zu setzen, um auch für Lieschen Müller ein solches Event zu starten. Wir sind besinnungslos geworden, unser Leben spielt sich in der Masse ab und wer nicht dazugehören will ist selbst schuld.

Liebe schwule Fußballspieler: Kann sich bitte mal einer von Euch vor einen Regionalzug schmeißen, sonst wird das doch nie glaubwürdig thematisiert. Ich höre schon Herrn Zwanziger!

Das Magazin Titanic macht sich seinen Reim:


und erntet folgenden Kommentar:

Datum: Wed, 11 Nov 2009 20:06:35 +0100
Von: Thorsten T*****

absolut bemittleidenswert was ihr macht. euch sollte man wie die juden vergasen und davor eure kinder vor euren augen bei lebendigen leib verbrennen. kein respekt vor der würde des menschen. richtig behindert seid ihr. das hat überhaupt nichts mehr mit satire zu tun.
Quelle Karikatur und Kommentar: www.titanic-magazin.de

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Freitag, 27. Februar 2009
Was hat sich eigentlich geändert?

20 Jahre Mauerfall. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Finanzkrise schüttelt und beutelt die gesamte Welt. Opel hat gestern einen Quartalsverlust von 10 Milliarden Euro bekanntgegeben, die Hypo Real Estate wird mit Milliarden gestützt, Obama Hauhaltsetat hat ein Defizit von 1700 Milliarden Dollar. Die DDR galt am Ende als pleite, bei einer Verschuldung von 19 Milliarden Mark (durch 2 ergibt Euro liebe Spätgeborenen)

Einige Anmerkungen hier:

http://www.memo.uni-bremen.de/docs/m3905.pdf

Was soll mit diesem Blogeintrag bewirkt werden? Propaganda? Nein, nur eine erneute Überprüfung von Realitäten und politischen Argumenten. Und was passiert sonst noch im 20. Jahr des Mauerfalls: Interessanter Link hier: http://www.thueringen-taxi.de

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Sonntag, 25. Januar 2009
Wer bloggt?

...hat nie gebloggt. Adolf Hennecke, erster DDR-"Held der Arbeit"

Wer also bloggt?

Die Suchenden, die Sehenden und die Zweifelnden. Diejenigen, die noch in den 90iger Jahren nach getaner Arbeit sarkasmussschwer* mit einem Glas Barolo in Ihrer Designerküche die Verlogenheit des Seins zerpflückten. Die Medien, Kunst- und Kulturbeflissenen, die neidisch dem Bauingenieur, dem Fließbandarbeiter, der Friseurin über die Schulter schauten, diesen Ergebnisproduzierenden.

Sie selbst nur Zweitverwerter, Überleger, Ausprobierer, immer wieder an der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns Zweifelnden.

Für sie, für sie wurde das Blog erfunden. Hier können sie sich verbreiten, Gedanken nachhängen, die ansonsten nicht ins System passen. Ihnen, den Selbstdarstellenden reicht das anonyme Tagebuch nicht mehr. Sie fühlen sich berufen, die Welt an Ihren Em- und Befindlichkeiten teilhaben zu lassen. Sie wollen entdeckt werden, würden dies aber, darauf angesprochen, brüllend lachend und zuckend verneinen. Wir waren immerhin nicht in der SS lieber Günther.

Wohlan Sarkast. Schreibe und gesunde. Lesen Sie demnächst: Wer heute twittert, hat früher Ameisen mit dem gebündelten Sonnentrahl der Lupe umgebracht.

*Da isser, für Dich Jean Stubenzweig

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